Grundstein
Juni 2010
Meerschweinchenhäuser selber bauen
- Planung und Tipps -
Was für Meerschweinchen-Häuser gibt es?
Normalerweise findet man im Fachhandel sogenannte „Nagerhäuser“. Diese haben immer die gleiche Form und werden meist in drei unterschiedlichen Größen angeboten. Für Hamster, Meerschwein oder Kaninchen.
Ulkigerweise haben die chinesischen Nagerhaus-Architekten keine Ahnung, wie groß so ein Tier werden kann. Denn oft wird ein Meerschweinchenhaus selbst einem Hamster zu eng. Und wer soll dann in das Hamsterhaus? Eine Maus?
Naja, wir beschäftigen uns mal mit den handelsüblichen Meerschweinchen-Häusern.
Halten wir also fest: Die Größe (oder eher die Kleine?) der „Meerschweinchen-Klasse“ ist selten groß genug für ein gesundes 1-Kilo-Schwein.
Aber nehmen wir einmal an, das Ötti schafft es irgendwie, sich in das Haus zu propfen. Und nehmen wir einmal an, es ist nicht das Alpha-Tier sondern ein Ötti, welches in der Hierachie etwas weiter unten angesiedelt ist. Dann gibt es schon das nächste Problem: Oft gibt es nur einen Ein-/Ausgang.
Was passiert also? Der Chef kommt an und denkt sich „Boah, ist das ein hässliches Häuschen. Außerdem ist das viel zu klein. Aber egal. Ich bin der Boss und deswegen will ich da jetzt rein!“
Der Chef steht also vor der Tür und bekundet sein Interesse, das Haus zu besetzen (Drohgebärden, Dicketun, Rumbrommseln,...). Jetzt hat das unterlegene Tier im Häuschen ein ziemliches Problem. Es kann nicht weg. Der einzige Ausgang wird vom Chef-Schwein blockiert.
Was also tun?
Das Chef-Schwein wird so langsam sauer: „Warum haut die nicht ab? Der zeig ichs!“. Das unterlegene Schwein wird nun nicht mehr verbal aufgefordert, das Häuschen zu verlassen, sondern jetzt zählt nur noch das Argument der nackten Gewalt (hacken, stoßen, ...). Und was bringts? Nix! Das arme Schwein kann immer noch nicht Platz machen.
Halten wir also fest: Ein Ein- bzw. Ausgang ist ziemlich stressfördernd.
Da die Schweinehaus-Architekten also recht wenig Ahnung von Größe und Bedürfnissen der Tiere haben, ist es Ihnen auch ziemlich wurst, was mit den ollen Viechern sonst noch so passiert. Dementsprechend wird gerne viel Kleber verwendet (der übel riechen kann und nicht besonders gut bekömmlich ist), Nägel werden unsauber eingeschlagen (die manchmal übel pieksen können) und das Material kann ruhig schwer verdaulich sein. Wie sollte man auch auf die Idee kommen, dass ein NAGER-Haus auch mal angeNAGT wird...
Halten wir also fest: Selbst für Öttis mit zwei handwerklich linken Pfoten ist Material und Verarbeitung optimierungswürdig.
Zu guter letzt noch ein kleiner Hinweis zu Fenstern: Meerschweinchen brauchen eigentlich keine Fenster. Wenn es etwas dunkler im Häuschen ist, ist es gleich viel gemütlicher. In Kauf-Häuschen sind oft Fensteröffnungen, die ein schreckhaftes Schweini zum Durchspringen animieren und spätestens bei der Ötti-Hüfte das Schweinchen nicht mehr durchlassen. Und wer will schon den ganzen Tag im Fenster eingeklemmt leben?
Da die Auswahl an wirklich guten Hütten im Zoohandel also recht beschränkt ist, müssen wir selber unsere zwei linken Hände bemühen, ein meerschweinchengerechtes Häuschen zu bauen.
Planung eines selbstgebauten Meerschweinchen-Hauses
Worauf sollte man also bei der Planung achten? Fassen wir Teil 1 einmal kurz zusammen:
- Es sollte groß genug für mindestes ein Meerschweinchen sein.
- Es sollte mindestens 2 Ein-/Ausgänge haben
- Material und Verarbeitung sollten das Schweineleben nicht gefährden.
Es sein denn, man hat kleine Adrenalin-Junkies zu Hause. Aber in diesem Fall sollte man andere Alternativen anbieten: Base-Jumping, Parabel-Flüge oder Apnoetauchen.
Des weiteren sind folgende Ideen zumindest einen zweiten Gedanken wert. Wobei die drei oben genannten Punkte als MUSS zu sehen sind, und die folgenden Punkte eher als optionale Variante je nach Geschick und Geschmack variieren können.
Öttis lieben niedrige Ein-/Ausgänge. Wenn man leicht reinkriechen muss, simuliert das eine Art Felsspalte. Und da fahren die Fellnasen voll drauf ab. Aber Obacht: auch beleibtere Fellwürste müssen noch gut drunterdurch passen!
Der Form sind keine Grenzen gesetzt. Und die Schweinchen sind absolute Architekturbanausen. Ob MARTa, Kölner Dom oder Taj Mahal, das Weltkulturerbe-Vorbild oder der international gefeierte Architekt geht denen am Fellpöter vorbei. Hauptsache man fühlt sich drin wohl.
Auch wenn z.B. ein Pyramiden-Bau endgeil ausschaut, wirklich Sinn macht eine solche Bauform nur, wenn man RICHTIG VIEL Platz hat. Ausserdem liegt es sich auf einem Flachdach viel gemütlicher, als auf einem Spitzdach. Es sei denn, man hat indische Fakir-Schweinchen. Studieren Sie Ihr Gehege genau und prüfen Sie, ob Sie das Häuschen nicht vielleicht irgendwo einpassen können. Die Schrägdachvariante wäre z.B. ein super Treppenersatz.
Oder kann man außen am Häuschen die Heuraufe anbringen? Wenn Sie sich schon die Mühe machen, ein Meerschweinchen Haus selber zu bauen, dann sollte es später auch perfekt passen.
Zu guter letzt ist eine grobe Planzeichnung hilfreich, um benötigtes Werkzeug und Material einschätzen zu können.
Material für das selbstgebaute Meerschweinchen-Haus
Anhand der Planzeichnung macht man sich auf und durchstöbert seinen Werkelkeller. Endlich hat man mal die Chance, Dinge zu verwenden, die man unter dem Motto „Kann man irgendwann noch einmal gebrauchen“ eingelagert hat.
Der fehlende Rest muss anderweitig beschafft werden.
Hier helfen 20%-auf-alles Aktionen, Diebstahl in anderen Werkkellern und Überfälle auf Tischler-Werkstätten ungemein weiter. Ist einem diese Vorgehensweise nicht seriös genug, kann man sich mit prall gefülltem Geldbeutel auch gerne an den Fachhändler oder Baumarkt seines Vertrauens wenden.
Aus nagetechnischen Gründen empfehlen wir immer unbehandeltes Holz zu verwenden. Holz hat dazu noch die praktische Eigenschaft, sich leicht verarbeiten zu lassen.
Kleiner Tipp für später: Öl oder Spielzeuglacke machen Holz langlebiger und schaden den Schweinen nicht.
Extra-Vergine-Tipp: Statt teurem Möbel/Holz-Öl kann man auch einfaches Speiseöl (Raps, Olive,...) verwenden.
Kleiner Schifffahrts-Tipp für ein langes Häuserleben: Wir haben sämtliche Flächen, die den Boden berühren, mit Bootslack gestrichen. Der Lack sorgt dafür, dass das Fundament bei Feuchtigkeit (Pipi) nicht aufquillt.
Die Holzart entscheidet sich nach Geldbeutel und Fähigkeit des 2-Beins. Wir haben immer Pappelholz verwendet. Pappel ist sehr dünn erhältlich und „verschwendet“ somit durch die Holzstärke keine wertvolle Stellfläche. Des weiteren erhöht sich das Haus-Gewicht bei dickeren Holzarten ungemein (Fragen Sie bei Häuschen über 400 kg unbedingt einen Statiker!). Aufgrund der geringen Dicke ist Pappel allerdings etwas schwieriger zu verarbeiten als z.B. Fichte-Leimholz. Leimfichte ist sehr günstig in jedem Baumarkt erhältlich, jedoch verliert man durch die Dicke der Bretter etwas mehr Platz als beim dünnen Pappelholz.
Kleiner Tipp: Um Pappelhäuser leichter bauen zu können, haben wir an den Innenseiten immer kleine, dickere Holzklötzchen verwendet, um die Schrauben einfacher schrauben zu können.
Wie baue ich ein Meerschweinchen-Haus?
Das WIE, ist abhängig vom jeweiligen Konstrukteur bzw. von der Fähigkeit des Konstrukteurs. Je nach Kreativität und Handwerkskunst kann ein missgestalteter Kasten oder ein Traum-Kastell entstehen. Wenn die oben genannten MUSS-Punkte beachtet worden sind, reicht es bereits vollkommen aus. Dem Ötti ist es nämlich wurscht, wie das komische Kasten-Ding ausschaut.
Hauptsache gemütlich!
Bock auf mehr Hüttengaudi?