Grundstein
April 2020
Hosenbein-Tunnel
Wer mit Meerschweinchen zusammenlebt, bekommt für viele Dinge einen ganz anderen Blick. Der Nachbarsbaum hat sein trockenes Laub in den Vorgarten abgeworfen? Super, darin kann man schön herumrascheln und die trockenen Blätter knuspern so appetitlich beim Reinbeißen. Der Kohlrabi in der Gemüseabteilung ist fußballgroß und total holzig? Wunderbar, so schmeckt er besonders lecker! Da hat jemand hingekackt? Och, da könnte man doch gleich mal schnuppern, ob ein paar gesunde Vitamine drinstecken…
Und wenn das Bündchen an der Schlafanzughose so ausgeleiert ist, dass der Weg bis ins Badezimmer nicht mehr unfallfrei bewältigt werden kann? Landet die Hose dann einfach im Müll? Dabei hat die doch so toll schlauchförmige Beine mit schweinegroßem Durchmesser. Darin lässt es sich doch bestimmt prima herumwutzen…
Also landete das abgeschnittene Schlafanzughosenbein im Schweineheim. (Das reimt sich sogar! Dann muss es ja gut sein.) Auf einer Seite wurde ein Tunnel in das Hosenbein geschoben, damit der Zugang jederzeit frei bleibt.
Am ersten Tag waren die Öttis ein bisschen skeptisch, schnupperten das Hosenbein an, steckten mal einen Kopf hinein und suchten dann vorsichtshalber doch lieber das Weite. Wer weiß schon, was einen im Schlafanzughosenbein erwartet? Lieber erst mal abwarten…
Spätestens am zweiten Tag wurden dann immer wieder Öttis gesichtet, die durch den Tunnel in das Hosenbein eintauchten und sich vorsichtig ihren Weg durch den dunklen Schlabbergang erschnupperten, bis sie am anderen Ende erstaunt, aber auch ein bisschen zufrieden wieder herauskamen. Damit war schon mal sichergestellt, dass man im Hosenbein nicht verloren gehen kann und dass man auf jeden Fall auch irgendwo im Schweineheim wieder daraus auftaucht - und nicht etwa in einer anderen Dimension, wo man Musik auf Instrumenten aus Milch macht… Hätte ja sein können.
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Apfel:
„Man kann nur in eine Richtung durch das Hosenbein gehen. Ein Einbahnstraßentunnel. Das ist unheimlich!“
Je vertrauter die Öttis mit dem Hosenbein wurden, umso öfter düste mal jemand hindurch. Wenn der Stoff des Hosenbeins mal ein bisschen verwurschtelt war, störte das die Öttis überhaupt nicht, sondern führte dazu, dass mit noch mehr Gemuige und Gewurschtel durch den Tunnel gewatschelt wurde. Fast kamen wir uns ein bisschen wie beim Agilitytraining auf dem Hundeplatz vor.
Die Öttis führten ihre eigene Versuchsreihe durch, was man alles mit einem Schlafanzughosenbein anstellen kann und stellten fest: Pepper kann sogar darin wenden! Und schlafen.
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Pepper:
„Ist doch logisch, dass man in einem Schlafanzughosenbein schlafen kann. Was soll man denn sonst darin machen?“
Nach wenigen Tagen war der Schlafanzughosenbeintunnel ein fester Bestandteil des Schweineheims geworden und wurde wie selbstverständlich genutzt. Als die Öttis sich immer sicherer fühlten und sich immer gemütlicher im Hosenbein einrichteten, fing der Stoff dann langsam aber sicher an zu müffeln. Schließlich ist kein Schwein bereit, den angewärmten Schlummerplatz zu verlassen, um ihn vor Verschmutzung zu schützen. Ganz im Gegenteil. Je duftiger, desto molliger.
Da jedoch der Gemütlichkeitsduft der Öttis von anderen Hausmitbewohnern bald als etwas unangenehm bewertet wurde, wanderte das verwutzte Hosenbein mit anderen Öttikuschelsachen in die Waschmaschine und wurde so auf seinen nächsten Einsatz vorbereitet. Schließlich ist so ein Schlafanzughosenbein wiederverwendbar und somit ein ökologisch korrekter Schlummer- und Wurschteleinrichtungsgegenstand im Schweineheim.
Und wenn das Schlafanzughosenbein in der Wäsche ist? Haben die Öttis dann gar keinen Schlafanzughosenbeintunnel? Müssen sie dann etwa die ganze lange Zeit warten, bis der Wutztunnel gewaschen und getrocknet ist? Natürlich nicht! Schließlich haben Schlafanzughosen aus genau diesem Grund zwei Beine: damit die Öttis immer Ersatz haben, wenn das vollgewutzte Bein in der Wäsche ist!
Der Schlafanzughosenbeintunnel – nur für besonders Ausgeschlafene!